Green & Generation Grüner Stahl: ArcelorMittal stoppt Milliardenprojekt in Deutschland

Grüner Stahl: ArcelorMittal stoppt Milliardenprojekt in Deutschland

ArcelorMittal stoppt den geplanten Bau von klimafreundlichen Elektroöfen in Eisenhüttenstadt und Bremen. Der Stahlriese begründet den Rückzug mit hohen Strompreisen und fehlender Wirtschaftlichkeit – ein herber Rückschlag für Deutschlands industrielle Transformation.

Die Zukunft des grünen Stahls in Deutschland erleidet einen massiven Dämpfer. Mitten in der Transformation zur klimaneutralen Industrie zieht einer der größten Akteure die Notbremse: ArcelorMittal Europa hat seine milliardenschweren Pläne zum Umbau der Stahlwerke in Eisenhüttenstadt und Bremen auf Eis gelegt. Damit platzt eines der zentralen Vorhaben der deutschen Klimastrategie im Industriesektor – und 1,3 Milliarden Euro an bereits zugesagten Fördergeldern bleiben ungenutzt.

Marktdruck statt Transformation

Die Begründung des Konzerns liest sich wie ein Wirtschaftskrimi: Angespannte Marktsituation, fehlende Wirtschaftlichkeit und zu langsame Energiewende. ArcelorMittal hatte ursprünglich geplant, bis 2030 jeweils einen Hochofen in Bremen und Eisenhüttenstadt durch klimafreundliche Elektrolichtbogenöfen zu ersetzen. Diese Technologie hätte den CO₂-Ausstoß drastisch reduziert und perspektivisch mit grünem Wasserstoff betrieben werden können.

„Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell“, erklärt Reiner Blaschek, Chef der europäischen Flachstahlsparte in einem „Zeit“-Bericht. Besonders die strengen Vorgaben für den raschen Einsatz von grünem Wasserstoff bereiten dem Unternehmen Kopfzerbrechen. Verfügbarkeit und Preise seien mit zu großen Unwägbarkeiten verbunden.

Energiekosten als Transformationsbremse

Der Konzern macht keinen Hehl daraus, dass vor allem die Strompreise in Deutschland ein entscheidender Faktor für die Absage sind. Im Vergleich zu europäischen Nachbarländern und internationalen Wettbewerbern seien diese schlicht zu hoch. Eine bittere Erkenntnis für den Industriestandort Deutschland, der sich im globalen Wettbewerb zunehmend schwertut.

Die ersten neuen Elektrolichtbogenöfen werde ArcelorMittal nun in Ländern mit wettbewerbsfähiger Stromversorgung bauen – konkret in Dünkirchen, Frankreich. Ein deutliches Signal an die deutsche Politik, dass die Rahmenbedingungen für industrielle Transformation nicht stimmen.

Brandenburger Stahlwerk in Unsicherheit

Für das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt bedeutet die Entscheidung einen herben Rückschlag. Der Standort mit seinen rund 2.700 Beschäftigten blickt auf eine lange Geschichte zurück – vom DDR-Eisenhüttenkombinat Ost mit einst 16.000 Mitarbeitern zum heutigen internationalen Konzernstandort. Die ursprünglichen Pläne sahen vor, bis 2050 klimaneutral Stahl zu produzieren.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) reagierte besorgt: Die Landesregierung werde alles unternehmen, um mit Beschäftigten, Bürgermeister und Unternehmen die Arbeitsplätze zu schützen. Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) kündigte Beratungen an, wie das Stahlwerk zukunftssicher aufgestellt werden könne. Er sieht in der Entscheidung auch ein Signal, die Geschwindigkeit des klimaneutralen Umbaus und die geplante Erhöhung der CO₂-Bepreisung ab 2027 zu überprüfen.

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