Green & Generation Chinas CO2-Wende: Erstmals fallen Emissionen trotz Wirtschaftswachstum

Chinas CO2-Wende: Erstmals fallen Emissionen trotz Wirtschaftswachstum

Erstmals in Chinas Geschichte sinken die CO2-Emissionen, obwohl die Stromnachfrage wächst. Der Ausbau erneuerbarer Energien überholt den Bedarf – ein möglicher Wendepunkt für den weltgrößten Emittenten.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Chinas CO2-Emissionen sind im ersten Quartal 2025 um 1,6 Prozent gesunken – und das trotz steigender Stromnachfrage. Damit zeichnet sich ein historischer Wendepunkt ab. Während frühere Emissionsrückgänge stets mit wirtschaftlichen Krisen oder Wachstumsschwächen verbunden waren, basiert der aktuelle Trend auf einem fundamentalen Strukturwandel: Der massive Ausbau von Wind-, Solar- und Atomkraft verdrängt erstmals die Kohleverstromung, obwohl der Strombedarf weiter wächst.

Saubere Energie überholt Nachfragewachstum

Die Analyse des Centre for Research on Energy and Clean Air zeigt, dass Chinas Emissionen in den vergangenen zwölf Monaten um ein Prozent gesunken sind. Besonders bemerkenswert: Der Energiesektor verzeichnete einen Rückgang der CO2-Emissionen um zwei Prozent, während die Stromnachfrage um 2,5 Prozent zulegte. Gleichzeitig sank die thermische Stromerzeugung – hauptsächlich aus Kohle und Gas – um 4,7 Prozent.

Die Zunahme der Stromerzeugung aus neuen Wind-, Solar- und Atomkraftkapazitäten reichte aus, um die Kohlestromerzeugung zu senken, obwohl die Nachfrage gestiegen sei, erklärte Lauri Myllyvirta, leitender Analyst am Centre for Research on Energy and Clean Air.

Diese Entwicklung markiert einen entscheidenden Unterschied zu früheren Emissionsrückgängen. Der Einbruch 2015/2016 resultierte aus einer Konjunkturflaute nach Konjunkturmaßnahmen, während die Zero-Covid-Politik 2022 einen schärferen Rückgang verursachte. Diesmal jedoch ist der Treiber ein struktureller Wandel: Die Kapazitätserweiterungen bei erneuerbaren Energien übertreffen nicht nur das aktuelle Nachfragewachstum, sondern auch den langfristigen Durchschnitt der letzten 15 Jahre.

Sektorale Unterschiede: Nicht alle Bereiche folgen dem Abwärtstrend

Während der Energiesektor die CO2-Bilanz verbessert, zeigen andere Wirtschaftsbereiche ein differenziertes Bild. Außerhalb des Energiesektors stiegen die Emissionen um 3,5 Prozent, mit den größten Zuwächsen bei der Kohleverwertung in der Metall- und Chemieindustrie.

Besonders die Kohle-zu-Chemie-Industrie erlebt einen rasanten Ausbau. Getrieben von Bedenken hinsichtlich der Abhängigkeit von importiertem Öl und Gas sowie begünstigt durch niedrigere Kohlepreise und relativ hohe Ölpreise, expandiert dieser Sektor stark. Die Rohstahlproduktion stieg um 0,6 Prozent, die Metallprodukte um 6 Prozent und die Produktion von Nichteisenmetallen um 2 Prozent.

Der Immobiliensektor hingegen schwächelt weiterhin. Die Baubeginne fielen um 24 Prozent und der Verkauf neuer Immobilien um 3 Prozent – ein klares Signal für die anhaltend sinkende Nachfrage nach Zement, Stahl und Glas aus dem Bausektor. Die Zementproduktion ging um 1,4 Prozent zurück, allerdings langsamer als in den Vorjahren, vermutlich aufgrund eines früheren Starts wetterbedingter Bauaktivitäten durch milde Temperaturen.

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